Schloss zu Württemberg

Ilse sah hinter der Stellwand und versuchte zum wiederholten Male die Naht so zu vernähen, dass sie nicht direkt sichbar war. Die Teschnik war soweit klar, das Buch mit der Anleitung aufgeschlagen und sie saß auf dem Boden. Hauptsächlich bedacht sich nicht in den Finger zu stechen. Nähen war noch nie ihr Ding. Dieses Amt hatte sie ja auch nur aus Mangel an Mitbewerbern bekommen. Aber sie bemühte sich. Hinter der Stellwand übte sie übrigens aus dem ganz einfachen Grund, dass man dort nicht sichbar war. Eine Kammerwärtin, die die einfachste Naht nicht hinbekam war nicht unbedingt etwas, das man offen zeigen wollte. So sagte sie. Guten Morgen. Ich bin da. Schob schnell das Buch unter den Hocker, der hinter der Stallwand stand und legte Stoff, Nadel und Faden auf ein Regalbrett, dass für sie recht hoch war, für andere aber wohl eher nur mittelhoch. Dann schritt sie zur Seite und salutierte direkt, ohne recht drauf zu achten, wer da wohl war. Gruß ist Gruß.

Nähen. kam es zwar gummelnd, aber nicht unfreundlich. Geteiltes Leid ist ja halbes Leid und er wusste bereits von ihren Probleme bei dem Thema, auch wusste sie, warum er hier war. Er hatte bereits davon erzählt, dass er der Armee wieder beitreten wolle. Seine Kleidergröße hatte er auch recht genau verraten: Die Größte. Und auch nach einem erneuten Mustern des Anderen war klar, dass er damit nicht log. Andy war nun wirklich sehr groß. Während Ilse ihre Mühe hatte in die kleinste reinzupassen und darin nicht so auszusehen, als hätte sie sich fremde Kleidung besorgt, so war Andy wohl eher einer, der aufpassen musste nicht einen oder zwei Kekse zuviel zu essen. Ob er Kekse mochte? Ilse wusste es nicht, doch es wäre wohl ein unpassender Zeitpunkt nun zu fragen. Doch eine andere Frage war wichtig. Andy hatte mit Sicherheit ein paar Schlaufen bekommen. Er würde ja nicht als Rekrut hier anfangen. Das wäre ja lächerlich. Aber was war er denn nun? Mit Sicherheit mindestens Unteroffizier, oder gar Offizier? Die Farbe war ja teils anders, gerade bei der Paradeuniform. Da sich die Antwort seltsamerweise nicht ergab indem sie ihn nur stumm anstarrte fragte sie dann schließlich genau so kurz, wie er gefragt hatte: Unteroffizier oder Offizier?

Ein kurzes Nicken. Eher weniger für das Angebot als mehr für die Information was für eine Uniform gebraucht wird. Also suchte sie in seiner, also der größten Größe, soweit alles zusammen, was an Arbeits- und Paradeuniform so gebraucht wird. Natürlich in mehrfacher Ausfertigung, was die Arbeitsuniform anging. Sie wurde auch wirklich zu schnell dreckig, wenn man im Einsatz war, eine Übung hatte oder einfach nur auf dem Übungsplatz war. Alles wurde sorgfältig auf einen Haufen gestapelt. War nur noch die Frage mit den Schuhen. So äußerlich betrachtet hatte er auch recht große Füße. Auf jeden Fall größere als Ilse, was aber keine Kunst war. Doch so genau? Sie wusste es nicht, also stellte sie ihm einfach drei paar hin zum Anprobieren. Probier die hier mal an, das Paar da ist das größte von den dreien. Hinten hatte ich noch größere gesehen, aber vielleicht reicht das hier ja.

Seit Ende vorletzten Jahre glaube ich. Ich bin Anfang letztes Jahr zur Armee gekommen, da war noch alles recht neu. So ganz genau kann ich es daher nicht sagen, weil ich ja nicht dabei war. Die Schultern wurden ein wenig gezuckt. Es war einer der Dinge über die Ilse sich noch nie gedanken gemacht hatte. Aber für Andy war es sicher alles ganz anders. Er war ja früher schonmal bei der Armee gewesen und nun auch recht hoch im Rang eingestiegen, soweit sie es wusste. Daher hatte er natürlich den Vergleich. Und nun wohl auch Schuhe. Das erste Paar, dass er anprobierte passt wohl auch. Aber nicht so ganz. Das war das Gemeine bei Schuhen. Auch wenn der gesamte Fuß drin ist, heißt es nicht, dass sie passen. Aber er merkte es ja selbst und probierte stattdessen die anderen. Ist gut. meinte Ilse Wie üblich: Uniform sauber und ordentlich halten. Kleine Risse und Löcher müssen repariert werden. Bei größeren Sachen gibts natürlich was neues. Sie wagte es garnicht auszusprechen, dass sie dafür zuständig war kleinere Sachen an den Uniformen auszubessern, da sie davon ausging, dass er es besser konnte. Er schient Erfahrung zu haben.

Die Dinge scheinen sich eben zu ändern. Aber Ilse kannt es auch nicht anders. So salutierte auch sie und meinte Euch auch, Soldat. als er weg war ging sie wieder hinter die Stellwand. Kopfschüttelt überlegte sie, wie man hier denn schlafen könnte. Dann machte sie sich wieder ans Üben.

Mit der Uniform über den Arm geschlungen machte sich Siegbert auf den Weg zur Kleiderkammer. Unterwegs begegnete er niemandem, was nicht das Schlechteste war. Mit vollen Händen ließ sich nunmal schlecht salutieren. Er erreichte die Kammer und hoffte, dass Ilse anwesend war. Die Tür stand offen, also trat er ein und klopfte von innen gegen die Tür "Hallo Ilse, bist du da?", fragte er in den Raum hinein und wartete auf Antwort.

_________________