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Rechtsklärung betreffend Ratsarbeit in WB [1469-027-R] Das Reichskammergericht wurde damit beauftragt folgenden Fragen zu klären: 1. Ist es legitim aus dieser Rechtsklärung abzuleiten, dass das Verfahren zur Postenvergabe in Württemberg dem Gewohnheitsrecht unterliegt (2 Mitglieder jeder Partei treffen sich in den ersten beiden Tagen nach der Wahl und vor der Abstimmung zum Regenten, so praktiziert seit mindestens, nachweislich 9 Jahren)?
2. Ist eine Postenverhandlung, die eine Partei allein "verhandelt" und aushängt, folgerichtig ungültig, wenn 2 weitere Parteien nicht teilgenommen haben, dies auch kommuniziert haben, dass sie aus reellen Gründen verhindert sind und ohne Not die PV am nächsten Tag hätte stattfinden können?
3. Ist eine Postenverhandlung ungültig, wenn sie ohne Konsens beendet wird und vom Regenten die Posten ohne Transparenz und Rücksprache besetzt werden?
4. Ist es Sklaverei, wenn ein Rätling ohne Rücksprache oder Einverständnis auf ein Amt gesetzt wird? Muss er dafür gute Gründe vorweisen; wären reelle Lebensumstände solche Gründe?
4a. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Geschäftsordnung des Rates von Württemberg verwiesen. Hat die Geschäftsordnung Gesetzescharakter mit der Folge, dass sie einklagbar ist?
5. Wann kann ein Regent ein Rücktrittsgesuch ablehnen; sind reelle Lebensumstände stets ein Grund für einen Rücktritt?
Das Reichskammergericht stellt fest: 1. Es ist nicht legitim aus der Rechtsklärung abzuleiten, dass es ein Gewohnheitsrecht bezüglich des Verfahrens zur Postenvergabe in Württemberg gibt.
2. Nein, eine Postenverhandlung wird nicht ungültig, wenn zwei weitere Parteien diesen Postenverhandlungen fernbleiben.
3. Nein, eine Postenverhandlung ist nicht ungültig, wenn sie ohne Konsenz beendet wird und vom Regenten die Posten ohne Tranzparenz und Rücksprache besetzt werden.
4. Nein, es ist keine Sklaverei, wenn ein Ratsmitgliedes ohne Rücksprache oder Einverständnis auf ein Amt gesetzt wird. Es müssen seitens des Ratsmitgliedes keine Begründungen für oder gegen das Amt vorgewiesen werden.
4a. Die Geschäftsordnung des Rates von Württemberg ist ein gültiger Beschluss und daher bindend für die Umsetzung der Ratsarbeit, wie dort festgelegt.
5. Es gibt nach Württembergischem Recht keine Möglichkeit, dass ein Amtsträger von seinem Amt zurücktritt. Ein Ratsmitglied kann allerdings die eigene Amtsenthebung im Sinne der Geschäftsordnung des Rates von Württemberg, III. Ausschluss von Ratsmitgliedern, Abschnitt 4 beantragen.
Begründung:1. In der
Rechtsklärung zum genauen Zeitpunkt der Rechtmäßigkeit von Regenten steht geschrieben; ein rechtmäßiger Regent ist jemand dann, wenn er in der Vogtei im Aushang des Sitzungssaals des Rates als ein solcher bezeichnet wird, nachdem die Ratsmitglieder diesen gewählt haben, oder nach Vollendung eines mit Genehmigung durchgeführten Sturmes. Insbesondere muss auf die Begründung hingewiesen werden, die besagt: Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Regenten immer aus der Mitte der gewählten Ratsmitglieder von den selbigen gewählt werden. Dies gewährleistet ein hohes Vertrauen der Bevölkerung und legitimiert den Regenten zu dessen Amt. Eine Abweichung dieser Regel sieht das Gericht nicht für notwendig. Ein früheren Zeitpunkt würde die Bestätigung der Ratsmitglieder fehlen lassen und ein späterer Zeitpunkt in Situationen, welche schnelle Handlungen erfordern, unnötigen Arbeitsaufwand und Zeit benötigen, sodass die schnelle Handlungsmöglichkeit gefährdet ist. Weiterhin ist auf die
Geschäftsordnung des Rates von Württemberg zu verweisen, die unter V. Aufgabenverteilung des Rates, erster Abschnitt festgehalten hat: Der Graf von Württemberg trägt die Gesamtverantwortung für die Ratsarbeit und teilt bei Bedarf Verantwortungs- und Entscheidungsspielräume zu. Er kann Ratsämter eigenverantwortlich umbesetzen, die Ratsmitglieder sind darüber begründend zu informieren. Es lässt sich daher kein Gewohnheitsrecht für eine Postenverhandlung in der Grafschaft Württemberg feststellen, auch wenn in den vergangenen Jahren diese traditionell abgehalten wurden, so obliegt die Verantwortung für die Ratsarbeit beim Grafen, der legitim durch die Ratsmitglieder gewählt wurde.
2. Anlehnend an der Begründung zur ersten Frage, insbesondere gestützt auf die Geschäftsordnung des Rates von Württemberg, V. Aufgabenverteilung des Rates, erster Abschnitt, lässt sich feststellen, dass die Abwesenheit zweier Parteien zur Postenverhandlung die Besetzung des Rates nicht ungültig machen. Die Verantwortung obliegt dem gewählten Regenten und sofern dieser den Bedarf sieht die Verantwortungs- und Entscheidungsspielräume zuzuordnen, dann bewegt sich der Regent innerhalb seiner Befugnisse und Verpflichtungen.
3. Anlehnend an die Begründung zur ersten und zweiten Frage, weiterhin insbesondere gestützt auf die Geschäftsordnung des Rates von Württemberg, V. Aufgabenverteilung des Rates, erster Abschnitt lässt sich festhalten, dass der Regent bei einer Umbesetzung von Ratsmitgliedern diese nur begründet darüber informieren muss. Es ist weder definiert, wie diese Begründungen auszufallen haben, noch wird den Ratsmitgliedern ein Recht zur Ablehnung eingeräumt. Das Reichskammergericht erkennt keinen Unterschied zwischen einer Erstbesetzung und einer Umbesetzung, darüber hinaus lässt sich anhand dieses Passus erkennen, dass eine Postenverhandlung obsolet ist, da diese keine Ämter sichert und mit Gewissheit an eine Person bindet.
4. Anlehnend zu den Begründungen der Fragen 1-3, weiterhin insbesondere auf die Geschäftsordnung des Rates von Württemberg, V. Aufgabenverteilung des Rates, erster Abschnitt gestützt, lässt sich festhalten, dass der Graf von Württemberg die Gesamtverantwortung für die Ratsarbeit trägt und er bei Bedarf die Verantwortungs- und Entscheidungsspielräume zuweist. Das Reichskammergericht erkennt weiterhin keinen Unterschied zwischen der Erstbesetzung und einer Umbesetzung, so bedarf es keine Zustimmung eines Ratsmitgliedes zu seiner Besetzung, da er nur begründet darüber zu informieren ist. Es lässt sich auch kein Verbrechen der Sklaverei feststellen, da keines der Ratsämter mit einer Entlohnung bedacht sind und somit auch der Straftatbestand der Sklaverei nicht betroffen ist.
4a. Anlehnend an die Rechtsklärung
Geschäftsordnung des Rates von Württemberg - 1469-019-R lässt sich feststellen, dass die Geschäftsordnung des Rates von Württemberg definiert, wie Abstimmungen zu gestalten sind, wie Sonderämter zu schaffen sind und auf welche Weise Ratsmitglieder ausgeschlossen werden können. Diese Bestimmungen wurden für einen reibungslosen Ablauf der Ratsgeschäfte geschaffen und sind daher bindend einzuhalten.
5. Es wird in den Gesetzen und Verordnungen der Grafschaft Württemberg nicht definiert, dass ein Ratsmitglied von seinem Amt zurücktreten kann, allerdings definiert die Geschäftsordnung des Rates von Württemberg unter III. Ausschluss von Ratsmitglieder, Abschnitt 4: Wenn ein Ratsmitglied sein Amt nicht entsprechend seiner Pflichten erfüllt, kann der Graf das Ratsmitglied mit sofortiger Wirkung seines Amtes entheben. Ein entsprechender Antrag kann auch von jedem Ratsmitglied beim Grafen eingereicht werden. So kann jedes Ratsmitglied seine eigene Absetzung beantragen, sofern es sich nicht in der Lage fühlt sein Amt seinen Pflichten entsprechend zu erfüllen oder erfüllen zu können. Die Entscheidung darüber obliegt dem Grafen von Württemberg, der dazu angehalten ist im besten Interesse seiner Grafschaft zu entscheiden und zu bewerten, ob die Einschätzung des Ratsmitgliedes zutreffend ist oder durch die Schaffung eines Sonderamtes, wie in der Geschäftsordnung von Württemberg festgelegt, die betroffene Ratsperson entlastet werden kann, sodass eine Entlassung nicht notwendig ist. In diesem Sinne gibt es keine zwingenden Gründe, um dem Antrag stattzugeben, sofern durch ein Nichthandeln der Grafschaft Würrtemberg nicht geschadet wird.
Die Rechtsklärung wurde von der Obersten Richterin Adaliena von Araja, dem Reichsrichter Oberon de Montfort-Beaumont d'Autevielle, dem Reichsrichter Malte Schuchardt und dem Reichsrichter Matheys von Lerbingen beschlossen.
Gezeichnet und gesiegelt in Stuttgart am 29. Juli MCDLXIX Adaliena von Araja
Oberste Richterin
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